Neuhäuser R

Verfasst von Hans-Joachim Bannier im April 2015. Soweit nicht anders angegeben, liegt das Urheberrecht für alle Sorten­fotos beim Autor.

Gefährdungs­grad:

stark gefährdet

Regional­sorte:

ja

Reifezeit:

Die Pflück­reife beginnt etwa Anfang bis Mitte Oktober. Verwendbar bleiben die Früchte bis etwa Januar/Februar, jedoch werden sie schon bald nach der Ernte relativ trocken und mehlig.

Herkunft:

Die genaue Herkunft und der Entstehungs­zeitpunkt der Sorte sind unbekannt. Erwähnt wird die Sorte bereits von Ferdinand Rubens, Lehrer und Guts­besitzer zu Hossenhaus bei Solingen, in seiner Schrift: „Vollständige Anleitung zur Obstbaum­zucht nebst einer systematischen Classification und Beschreibung der Obstsorten“ (1843/44). Nach einer Notiz in der „Rhein. Monats­schrift für Obst-, Gemüse- und Gartenbau“ vom Mai 1925 wurde der Neuhäuser bereits „Ende des 17. und Anfang des 18. Jahr­hunderts im Bergischen angepflanzt.

Verbreitung:

Die Sorte Neuhäuser war in der sogenannten „Bergischen Obstkammer“, die sich auf Teile des Rheinisch-Bergischen Kreises, des Oberbergischen Kreises und auf den Solinger Süden erstreckte, einst sehr verbreitet. Sie kann als typische Regional­sorte des Bergischen Landes bezeichnet werden. In den Gehöften um Ohligs herum war er noch vor 25 Jahren fast bei jedem Besitzer in einigen Exemplaren anzutreffen. In manchen Baumhöfen machte er zwei Drittel des ganzen Apfel­bestandes aus“ (Wilhelm Heller, Ohligs). Möglicher­weise wurde die Sorte einst nach einer der Hofschaften namens Neuenhaus benannt, von denen es mehrere in Leverkusen, Solingen und Burscheid-Dierath gibt. Im Bergischen Land im Raum Leverkusen, Leichlingen, Solingen, Burscheid, Wermelskirchen und Radevormwald war die Sorte anscheinend noch bis zum Zweiten Weltkrieg in den Streuobst­beständen recht verbreitet. Alfred Bartl, von 1950-1974 Kreisobst­bau­inspektor im Rhein-Wupper-Kreis und bis 1978 im Rheinisch-Bergischen Kreis, zählt den Neuhäuser unter den häufigen Hochstamm-Sorten des Bergischen Landes auf (Bartl, „Der Obstbau des Rhein-Wupper-Kreises und in Leverkusen“, 1955, S. 29). Heute ist der Neuhäuser im Bergischen Land nur noch selten in den Streuobst­beständen zu finden; es sind nur noch wenige Stand­orte bekannt. Dass Bartl den Neuhäuser in einer Reihe mit dem Doppelten Härtling unter den „süßen und halbsüßen Sorten“ aufzählt, ist ein Hinweis darauf, dass die Früchte des Neuhäuser seinerzeit – wie die anderer Süßäpfel – in erster Linie zur Herstellung des Rheinischen Apfel­krauts in den Kraut­fabriken landeten. Solche Kraut­fabriken gab es im Bergischen Land einst zahlreich, u. a. in Neukirchen, Leichlingen, Burscheid, Witzhelden und Büscherhofen.

Frucht:

Frucht mittelgroß (bis groß), abgerundet kegel­förmig. (Doppelter Neuhäuser: Früchte groß, breitrund kegel­förmig), unregel­mäßig, im Quer­schnitt unregel­mäßig rund bis leicht kantig. Deck­farbe sonnen­seitig bräunlich orange oder rot gehaucht (teils von hellen Schalen­punkten unter­brochen), auf bis zu einem Drittel der Frucht, öfters auch gänzlich fehlend. Schale glatt, etwas wachsig, glänzend oder matt­glänzend, relativ dick, derb. Schalen­punkte klein, auf Grund­farbe z. T. grünlich (oder grünlich umhöft), auf Deck­farbe hell, z. T. mit hellen (auffallenden) Umhöfungen. Kelch­grube mittel­weit, flach bis mittel­tief; Seiten flach abfallend, teils mit auffallenden Falten und Fleisch­perlen, vereinzelt mit kleinen Rost­spuren. Stielgrube mittelweit bis weit, mitteltief oder flacher, Seiten flach bis mittel­steil abfallend, meist mit einem feinen, grau­bräunlichen, an seinen Rändern scharf abgegrenzten Rost­klecks. (beim Doppelten Neuhäuser auffallender als beim Neuhäuser). Stiel kurz, fleischig oder knopfig, teils von einem leichten Fleisch­wulst zur Seite gedrückt, Kern­haus mittel­groß, typisch stielnah. Frucht­fleisch grünlich weiß, mittel­fest, mittel­fein bis etwas grob­zellig, mittlerer Saft­gehalt, schnell trocken werdend, Schale beim Verzehr etwas grob. Mild süßsäuerlich, ohne besonderes Aroma.

Baum:

Die Bäume des Neuhäuser haben einen mittel­starken bis starken Wuchs mit einer breit ausladenden Krone und außen zum Teil schirmartig über­hängenden Ästen (etwas ähnlich etwa der Sorte Jakob Lebel). Sie sind sehr robust und wenig anfällig gegen­über Krank­heiten wie Schorf, Mehltau oder Obstbaum­krebs. Das Blatt mittel­groß bis groß, oval, dunkelgrün, etwas derb. Die Blüte zeitigt im Frühjahr mittel­früh und selten üppig. Dennoch tragen die Bäume reich und regel­mäßig. Als vermutlich triploide Sorte ist der Neuhäuser jedoch nicht als Befruchter für andere Sorten geeignet. In der Jugend kommt die Sorte spät in den Ertrag. Der Neuhäuser ist eine reine Wirtschafts­sorte für die Saft­bereitung oder häus­liche Verarbeitung.

Verwechsler:

Doppelter Neuhäuser, Riesen­boiken, Boikenapfel, Minister von Hammerstein, Adersleber Kalvill

Anbau­eignung:

Die einstige Beliebtheit dieser Sorten im Raum Solingen und Leichlingen dürfte weniger auf dem besonderen Geschmack als vielmehr auf die gute Gesundheit, die Ertrags­fähigkeit der Sorte sowie ihre massen­hafte Verwendung als Krautapfel zurück­zuführen sein.

» Link zum Orginal